Es gibt Tage...
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund,
und ich hätte seine keilförmige Nase, dann erschien'
mir die Umwelt vor ganz neuem Hintergrund,
und ich ordnete sie ein in ganz and're Kategorien:
Die, die aufrecht geh'n, die kriechen, die, die wohl, die übel riechen,
und den Typen, die mir stinken, könnt' ich dann
Hose oder Rock zerreißen und sie in den Hintern beißen,
was ich heut' nur in extremen Fällen kann,
denn ich kenn' meinen zahnärztlichen Befund:
es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund.
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund,
und dann kümmerte mich kein Besuch, kein Klatsch, keine Affär'n,
redete mir nicht mehr Fusseln an den Mund,
um irgendwelchen Strohköpfen irgendetwas zu erklär'n;
denn anstatt zu diskutieren, legte ich mich stumm auf ihren Schoß,
und sie kraulten mir zwangsläufig den Bauch.
Und sollt's an der Haustür schellen, würd' ich hingeh'n, würde bellen,
froh dass ich niemanden reinzulassen brauch',
und ich sagte: "Tut mir leid, aber zur Stund' ist der Boss nicht da, und ich bin nur der Hund."
(aus Reinhard Mey: Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund)
Ebri - 21. März, 11:10